Mensch und Web


Meine Mutter ist 65 Jahre alt und wir sehen uns ungefähr alle paar Wochen. Da mein Computer mein ständiger Begleiter ist und für meine Mutter Computer gleichbedeutend mit Internet ist, stellt sie mir regelmäßig die Frage:„Muss ich nicht auch ins Internet?“
„Nein, Mama, musst du nicht! Dir fehlt doch nichts. Du liest gern, treibst Sport, siehst deine Kinder und Enkel regelmäßig. Deine Bank ist direkt vor der Haustür und wenn du eine neue Musik CD haben willst mit den Liedern, die letzten Dienstag zwischen 13.15 und 14.30 Uhr auf NDR2 gespielt wurden, dann sage mir das einfach.“
Aber wie ist das mit Studenten, z.B. Lehramtsstudenten? Eine eMail-Adresse haben ca. 95% der Studenten, sonst müssten sie bei Rundmails oder Skripten per Mail immer den Nachbarn im Wohnheim fragen. Um eine Webmailadresse bei gmx einzurichten muss man ca. 20 Klicks setzen und zahlreiche Eintragungen vornehmen. Ist dieser Akt erst einmal bewältigt, ebbt das Interesse vieler wieder ab. Ja selbst die beim Einrichten der Webmailadresse gewonnen Kenntnisse im Klicken nach dem Prinzip trial and error scheinen sich zurück zu bilden.
Wieviele Studenten können angemessen mit google umgehen, wissen, warum man manche Suchbegriffe in Anführungszeichen stellen sollte oder freuen sich auch noch, wenn sie 1.8 Mio Suchergebnisse erzielt haben?
Dabei werden die angehenden Lehrer auf Schüler treffen, die sich gar nicht daran erinnern können, dass es mal eine Welt ohne Internet gegeben hat. In den Hauptschulklassen, in denen ich unterrichtet habe, hatten fast alle Haushalte, auch die mit Migrationshintergrund, Zugang zum Internet. Nahezu jede Schule besitzt einen Computerraum mit Webanschluss (siehe Aktion ‚Schulen ans Netz‘). 15jährige Kinder von Spätaussiedlern sind in der Lage komplexe Bahnfahrten und Busverbindungen von, zu und in fremden Städten zu recherchieren.
Sehen sich einzelne Vertreter der jetzt noch aktiven 50+-Lehrerschaft im Lande dazu nicht in der Lage, dann ist das schade, aber nicht zu ändern.
Studenten der Lehrämter aber haben nicht den Spielraum, das Web nicht zu mögen oder einfach weitestgehend zu ignorieren. Lest mal in den Lehrplänen nach unter ‚Schlüsselqualifikationen‘ (Lehrpläne S-H, Sekundarstufe I, S. 7) und denkt darüber nach, wie ihr diese Vorgaben umsetzen wollt.

2005